EMDR
EYE Movement Desensitization and Reprocessing

EMDR ist eine von Francine Shapiro (1991) entwickelte äußerst wirksame Methode in der Traumatherapie, deren Effektivität empirisch nachgewiesen wurde. EMDR wird einerseits als spezielle Technik im Rahmen einer psychotherapeutischen Intervention verwendet, andererseits auch als eigene Therapieform, in deren Mittelpunkt die Anwendung eben dieser Technik steht.

Die Behandlung von Erinnerungen oder unangepassten Kognitionen*) erfolgt dadurch, dass die Patienten sich zeitgleich auf ein inneres Vorstellungsbild, eine zugehörige positive oder negative Einschätzung in Bezug auf die eigene Person, Gefühle und Körperempfindungen konzentrieren und zusätzlich ihre Aufmerksamkeit auf einen äußeren Wahrnehmungsreiz richten. Das sind häufig Augenbewegungen, die vom Therapeuten durch Handzeichen geleitet werden.

Die Hypothese dahinter ist, dass pathologische Einflüsse (Traumata) neuronale Elemente unmittelbar verändern – die mit der traumatischen Erfahrung gemachte Information bleibt unverarbeitet ("frozen in time"), so dass sie jederzeit durch innere oder äußere Reize aktiviert werden kann und PTBS **) Symtome auslösen kann. Durch Stimuli von EMDR wird die natürliche Informationsverarbeitung wieder aktiviert, so dass die dysfunktionale Information wieder integriert werden kann, was der Auflösung des Traumas und der Wiederherstellung der neuronalen Balance entspricht.

*) Unangepasste Kognitionen sind Gefühle und/oder Wahrnehmungen,die ganz augenscheinlich nicht der gegenwärtigen Situation, in der sich ein Mensch gerade befindet, entsprechen. Das können Ängste, Aggressionen, Erinnerungen etc. sein, die im Kontext mit dem eben Erlebten scheinbar unpassend sind oder sich gegen bestimmte Menschen (z.B. Uniformierte etc.) oder Tiere (z.B.Spinnen, Vögel etc.) richten, obwohl man sich vielleicht an diesbezüglich schlechte Erfahrungen nicht erinnern kann. Die heftigen Reaktionen auf für andere Menschen normale Situationen, Ereignisse, Begegnungen können bei dem betroffenen Menschen zu sozialer Isolation und innerer Einsamkeit führen, zu vermehrten Ängsten und in der Folge Vermeidungsverhalten, das erneut den Teufelskreis der verhängnisvollen Wahrnehmungsverschiebungen verstärken kann.

**)PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung) Tritt als Folge einer zumeist unerwartet eintretenden Extrembelastung z.B. einer lebensbedrohenden Gefahrensituation auf, die außerhalb der normalen menschlichen Erfahrung liegt (z.B. Vergewaltigung, Folter, Naturkatastrophen, schwerer Unfall, Terrorismus etc.) aber auch als Reaktion auf psychotische Zusammenbrüche auf (TRAUMA). Die traumatische Situation ist begleitet von starker Furcht, Verzweiflung und Hilflosigkeit.
••• Typische Symptome sind (oft Wochen )später auftretende Angst, Vermeidung von Reizen, die mit dem Erlebten zusammenhängen, intrusive Gedanken, flashbacks, Albträume, emotionale Abstumpfung und eine erhöhte Erregung. Dies manifestiert sich in erheblichem Interessensverlust und Entfremdungserleben, Konzentrationsschwierigkeiten, Reizbarkeit, Schlafstörungen, Schreckhaftigkeit und psychischer Erstarrung.

Aus: Gerhard Stumm und Alfred Pritz (Hrsg.) 2000, Wörterbuch der Psychotherapie, Springer Verlag